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Der Autor Kurt Schmidt, Jahrgang 1924, beschreibt die ersten 25 Jahre seines Lebens: Seine Kindheit in Holzweißig nahe Bitterfeld, die Streiche, die er mit seinem jüngeren Bruder Herbert ausheckte, die Lehrjahre, die Erlebnisse als junger Soldat an der Front, die harte Zeit in russischer Kriegsgefangenschaft. Während seine Brüder und sein Vater im Krieg fielen, konnte er als Einziger nach Hause zurückkehren. Trotzdem spricht er nicht von einer „gestohlenen Jugend“, sondern möchte für Kinder und Enkelkinder seine Erinnerungen bewahren, damit sie sie für ihr eigenes Leben nutzen können.



 

 

v.l.n.r.: Vater, Bruder Alfred, Herbert und Mutter, Kurt

Leseprobe:

Meine Ahnung hatte mich nicht getrogen: Draußen vor der Scheune waren Stimmen zu hören, es waren russische Laute. Durch Ritzen und Astlöcher sahen wir Rotarmisten, mit Gewehren und Maschinenpistolen bewaffnet, herumlaufen. Sie schlugen an das Scheunentor und riefen: „Kamerad, komm raus!“

Auf ein lautes Kommando hin wurden nun beide Torflügel aufgestoßen, die draußen stehenden Russen regelrecht hinweggefegt, und wir stürmten los. In dem Gedränge konnte ich mein Gewehr nicht mehr greifen, und es blieb zurück.

Die Russen, zuerst überrumpelt und erschrocken, hatten schnell eine Schützenkette gebildet und kamen nun, das Gewehr im Anschlag, hinter uns her. Doch dabei blieb es nicht. Sie schossen gezielt in unsere Kolonne und hier und da fiel auch jemand zu Boden. Von vorn kam der Ruf: „In Stellung gehen! Feuer!“

Ich drehte mich um und blickte zurück. Die Rotarmisten waren noch etwa 15 Meter entfernt und ich sah, dass genau mir gegenüber ein alter Russe mit dem Gewehr im Anschlag auf mich zukam. Er war tatsächlich schon alt und hatte einen richtigen Rauschebart. Er hob das Gewehr und zielte genau auf mich. Wie erstarrt blieb ich stehen. Dann sah ich deutlich, wie sich der Gewehrlauf senkte, ein Schuss krachte. Ich spürte einen Schlag am Unterschenkel, ohne großen Schmerz zu verspüren.


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Hörfunkbeitrag, gesendet im MDR